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Alte Utting-Konzertlocation

Daniel Hahn

Wo?

München

Datum

April 2020

Fotograf

Ingolf Hatz

Bitte beschreiben Sie diesen Ort (und das Leben hier zu normalen Zeiten).

Normalerweise ist die Alte Utting ein Treffpunkt vom Viertel und es kommen natürlich auch Besucher aus anderen Städten, die die Stadt bereisen. Ich würde sagen, es auf ist jeden Fall ein belebter und pulsierender Ort. Wir haben eigentlich täglich Programm. Es spielen Bands, es gibt Diskussionsrunden, Vorträge und natürlich auch Gastronomie. Und das liegt jetzt alles brach.
Für die, die München nicht kennen: Wir sind hier zwischen Schlachthof und Großmarkthalle, das ist in der Isarvorstadt, ein sehr markantes Münchener Viertel. Wir befinden uns jetzt hier auf der Eisenbahnbrücke und auf dieser Brücke steht ein ehemaliger Ausflugdampfer, der als Kulturort bespielt wird.

Bitte beschreiben Sie Ihre aktuelle Situation?

Die aktuelle Situation ist für uns sehr dramatisch, weil wir erstens nicht genau wissen, wie es weitergeht. Das macht das Ganze sehr, sehr schwer, zu kalkulieren. Und auch dadurch, dass wir nur für eine Zwischennutzung hier sind, denn der Betrieb ist zeitlich aktuell nur bis 2022 begrenzt. Zum anderen haben wir hier dieses Schiff nach München geholt und das war ein sehr großer Invest. Wir brauchen ganz dringend Einnahmen, da wir auch noch viele Schulden haben und letztendlich brechen jetzt die Einnahmen weg. Wir können die Kredite nicht mehr tilgen und so gesehen sind wir schon in einer sehr bedrohlichen Situation.
Hinzu kommt noch, dass der Winter deutlich schwächer ist als der Sommer. Nach dem Winter ist schon immer eine kleine Durststrecke. So gesehen, brauchen wir das Frühjahr und auch den Sommer, um den nächsten Winter überstehen zu können.

Was erwarten Sie für sich persönlich von der Zukunft?

Ich bin sehr gespannt, wie sich alles entwickeln wird. Und ob es dann auch wirklich wieder viele Feste gibt und es diesen Zeitpunkt gibt, an dem man sagen kann: „Jetzt ist die Pandemie offiziell beendet“. Und ob dann nochmal eine Veränderung kommt oder ob es ein schleichender Prozess ist.

Ich hoffe natürlich, dass wir danach auch mit neuen Erfahrungen aus der Krise rausgehen. Das heißt, dass wir vielleicht einen anderen Umgang mit alten Menschen, Pflegekräften, Ärzten oder mit unserem Gesundheitssystem haben werden. Ich glaube, es muss ganz klar verstanden werden, dass Gesundheit kein Geschäftsmodell sein darf und auch Pflege nur bis zu einem gewissen Punkt ein Geschäftsmodell sein darf. Beides sind soziale Sektoren, die entsprechend unterstützt werden müssen. Ich hoffe, dass auch danach alles nicht so schnell vergessen wird.

Für mich persönlich wünsche ich mir, dass die Projekte wieder weitergehen können und dass wir natürlich nicht auf der Strecke bleiben und das überstehen können – mit einer Zukunftsperspektive, die weiter unsere Ansätze vereint. Wie wollen viele Veranstaltungen selbst machen. Wir wollen keine Eventlocation sein, sondern ein Treffpunkt, der auch einen alltäglichen Zugang schafft. Das heißt, die Menschen müssen wenig oder keinen Eintritt zahlen. Das Angebot ist kostenlos, die Getränke und das Essen sollen human sein, die Künstler und Mitarbeiter sollen gut bezahlt werden. Das ist natürlich eh nicht immer ganz einfach und in dem Moment, in dem man in eine Existenzbedrohung kommt und die Zahlungen, die jetzt anfallen, stunden muss, muss man im Prinzip danach noch wirtschaftlicher handeln und das ist für die Kultur nicht sonderlich förderlich.

Fünfzehn Profifotografen und Fotografinnen, vom Alpenvorland bis Sylt porträtieren deutschlandweit Menschen in der Corona-Auszeit.

Aus.Zeit 2020 ist ein Not-for-Profit-Projekt der Werbeagentur brandcom. Entstanden aus dem Impuls, den Moment festzuhalten, ohne Gewinnausrichtung.